Rück­blick auf Ber­lin: Arthur Abe­le wird Euro­pa­meis­ter im Zehn­kampf

Der ehe­ma­li­ge Hütt­lin­ger Arthur Abe­le hat sich bei den Leicht­ath­le­tik-Euro­pa­meis­ter­schaf­ten 2018 im Ber­li­ner Olym­pia­sta­di­on zum König der Leicht­ath­le­ten 2018 gekrönt. Arthur wur­de mit 8431 Punk­ten Euro­pa­meis­ter im Zehn­kampf.

Obwohl Arthur für den SSV Ulm star­tet, ist er sei­nem Hei­mat­ver­ein TSV Hütt­lin­gen als Mit­glied immer treu geblie­ben. Freun­de und Fans aus Hütt­lin­gen mach­ten sich daher auf den Weg nach Ber­lin um Arthur an den bei­den Wett­kampf­ta­gen tat­kräf­tig anzu­feu­ern. Bereits in der ers­ten Dis­zi­plin, dem 100 m Sprint, über­zeug­te Abe­le in 10,86 sec. Der Auf­takt war gelun­gen.

Im Weit­sprung lan­de­te er gleich beim ers­ten Ver­such bei 7,42 m. Das ist Sai­son­best­leis­tung (SB). Das hat ihm gereicht. Abe­le ver­zich­tet auf wei­te­re Ver­su­che, zu die­sem Zeit­punkt noch nicht ahnend, dass Top-Favo­rit Kevin May­er aus Frank­reich mit 3 Fehl­ver­su­chen im Weit­sprung aus dem Wett­be­werb aus­stei­gen wird. Bereits nach der zwei­ten Dis­zi­plin war die Gold­me­dail­le somit im Bereich des Mög­li­chen. Auch beim Kugel­stoß ver­zich­te­te er nach 15,64 m und 15,01 m auf einen drit­ten Ver­such um Kräf­te zu spa­ren. Es lief opti­mal. Mit einer wei­te­ren Sai­son­best­leis­tung (1,93m) been­de­te Arthur den Hoch­sprung. Er war bereits 49 Punk­te bes­ser als beim Zehn­kampf­mee­ting in Ratin­gen, wo er sich für die EM qua­li­fi­zier­te. Arthur schien voll auf Medail­len­kurs zu sein.

Bei gran­dio­ser Stim­mung und hoch­som­mer­li­chen Tem­pe­ra­tu­ren im Sta­di­on lie­fer­te Arthur mit 48,01 sec. im abschlie­ßen­den 400 m Lauf erneut eine Sai­son­best­leis­tung ab und es war klar: Arthur ist Top­fa­vo­rit auf Gold. Han­si Teu­fel , sein jahr­zehn­te­lan­ger Weg­be­glei­ter, träum­te da bereits von der Hym­ne…. . Ein tol­ler ers­ter Wett­kampf­tag ging damit zu Ende. Arthur lag aktu­ell auf Rang 2. Und jeder weiß, dass Arthur am zwei­ten Wett­kampf­tag immer noch stär­ker ist. Am Tag Zwei star­te­te Arthur über die 110 m Hür­den in 13,94 sec. (SB). Er war von der Spit­ze nur noch 18 Punk­te ent­fernt. Nach 45,42 m im Dis­kus­wurf (SB) hat­te Arthur erst­mals die Füh­rung in der Gesamt­wer­tung über­nom­men. Doch der Vor­sprung hielt nicht lan­ge. Beim Stab­hoch­sprung galt es, Dau­men zu Drü­cken. Arthur über­sprang im ers­ten Ver­such die 4,60 m. Um Kräf­te zu scho­nen, ließ er die 4,70 m aus und ver­such­te es mit einer Höhe von 4,80 m. Es blieb aber bei 4,60 m. Arthur blieb unter sei­nen Mög­lich­kei­ten. Sei­ne Ver­fol­ger Tim Duck­worth und der unter neu­tra­ler Flag­ge star­ten­de Rus­se Ilja Shku­re­n­yov über­spran­gen im Stab­hoch­sprung 5,10 m bzw. 5,30 m und zogen an Arthur vor­bei. Er fällt auf Rang 3 zurück. Sor­gen muss­te man sich aber den­noch kei­ne machen. Wer Arthur kennt, weiß, dass Arthur sowohl im Speer­wurf als auch im 1500 m‑Lauf sehr stark ist. Sei­ne Fans waren sich sicher: Es wird eine Medail­le wer­den, aber wel­che?

Arthur muss­te jetzt mit dem Speer 2 m auf den Rus­sen und 7 m auf den in Füh­rung lie­gen­den Bri­ten auf­ho­len. Sei­ne Fans waren über­zeugt, dass das abso­lut mög­lich ist. Das Ergeb­nis gab Ihnen Recht. Er haut den Speer 68,10 m (SB) raus. Shku­re­n­y­ou wirft 59,13 m, der Bri­te Duck­worth 54,78 m. Damit liegt Arthur wie­der auf Rang 1. Mit 102 Punk­ten (das sind 34 sec.!) Vor­sprung geht Arthur in den abschlie­ßen­den 1500 m Lauf – Arthur ist ein sehr star­ker Läu­fer. 4:30:84 Min. rei­chen ihm zum Sieg. Es ist 21:48 Uhr. Zwei kräf­te­zeh­ren­de Wett­kampf­ta­ge und ins­ge­samt rund 6 Jah­re Ver­let­zungs­zeit lie­gen hin­ter ihm. Unter ande­rem waren da ein Achil­le­seh­nen­riss, ein Leis­ten- und Nabel­bruch, eine Scham­bein­ent­zün­dung. Doch damit nicht genug. Noch im Dezem­ber 2017 hat­te er eine Gesichts­läh­mung, aus­ge­löst durch eine Virus­in­fek­ti­on, bei der kei­ner wuss­te, wie lan­ge die­se dau­ert – ein hal­bes Jahr oder sie hät­te auch für immer blei­ben kön­nen. Jah­re­lang konn­te Arthur kei­nen Wett­be­werb bestrei­ten. Das ist in die­sem Moment alles ver­ges­sen. Abe­le läßt den Emo­tio­nen frei­en Lauf. Er bricht in Trä­nen aus. EM-Mas­kott­chen Ber­li­no umarmt ihn und setzt ihm die Papp­kro­ne auf: „King of 2018“. Abe­le ist König der Leicht­ath­le­ten 2018 und ältes­ter Zehn­kampf-Euro­pa­meis­ter aller Zei­ten. Mit 8431 Punk­ten hat­te er am Schluss 110 Punk­te Vor­sprung vor Sil­ber­me­dail­len­ge­win­ner Ilya Shku­re­n­yov.

Via Sta­di­onmi­kro­fon dank­te er den rund 40.000 Zuschau­ern für die „kras­se Stim­mung“ und die Unter­stüt­zung sei­ner Fans im Sta­di­on. Nach zahl­rei­chen Ver­let­zun­gen und Rück­schlä­gen hat Arthur sich nicht unter­krie­gen las­sen. Er konn­te sich immer wie­der moti­vie­ren und die not­wen­di­ge Kraft auf­wen­den. Auf­ge­ben zählt nicht zu sei­nen Stär­ken.

Arthur, herz­li­chen Glück­wunsch zu die­ser über­ra­gen­den (Lebens-)Leistung.

Nach sei­nem Rie­sen­er­folg ließ Arthur es sich, trotz auf ihn her­ein­bre­chen­den Medi­en­rum­mel und Pres­se­an­fra­gen, nicht neh­men, sich rüh­rend um sei­nen mit­ge­reis­ten Fan­club zu küm­mern. Er besorg­te VIP-Kar­ten für die Sie­ger­eh­rung auf dem Breit­scheid­platz und Tickets für das aktu­el­le Sport­stu­dio im ZDF am Sams­tag­abend. Dafür ver­län­ger­ten sei­ne Fans ihren Auf­ent­halt in Ber­lin spon­tan und ger­ne um einen Tag. Doch damit noch nicht genug, es folg­te eine wei­te­re Über­ra­schung: Arthur hat sei­nen Fan­club zur Par­ty in den EM-Club ein­ge­la­den. Dort tra­fen sich zahl­rei­che Medail­len­ge­win­ner und Pro­mi­nenz rund um den Sport. Hier hat man als „Nor­ma­lo“ sonst kei­nen Zutritt. Auch in Hütt­lin­gen blieb man vom Medi­en­rum­mel nicht ver­schont. Die SWR-Lan­des­schau berich­te­te vom TSV-Akti­vum und vom Sta­di­on aus über die Stim­mung in Hütt­lin­gen.

Wenn nichts dazwi­schen kommt, will Arthur Abe­le auf jeden Fall bis zu den Olym­pi­schen Som­mer­spie­len 2020 in Tokio wei­ter­ma­chen.

Rita Ret­ten­mei­er / Han­si Teu­fel